Alternative Wirtschaftsformen: eine Übersicht

Alternative Wirtschaftsformen erfordern ein neues Miteinander alternative economies

Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene alternative Wirtschaftsformen entwickelt, die sich zu den momentan vorherrschenden Wirtschaftssystemen unterscheiden. Diese

Formen werden unter den Begriffen „alternative Wirtschaftssysteme“ oder auch „solidarische Ökonomie“ zusammengefasst.

Merkmale von alternativen Wirtschaftsformen

Alternative Wirtschaftsformen haben einige ähnliche Merkmale. Ausgewählte Werte bilden bei einigen Formen den Kern des Systems. Dafür gibt es keine rechtlichen Vorgaben, sondern sie dienen eher als Orientierungshilfe. Außerdem grenzen diese Merkmale die alternative Wirtschaftsformen von anderen Wirtschaftssystemen ab:

  • Menschen und deren Bedürfnisse stehen an erster Stelle
  • Ökologische Grenzen werden berücksichtigt
  • achtsamer Umgang mit Ressourcen
  • Soziale, ökologische und bedürfnisorientierte Ansätze
  • demokratische Entscheidungs- und Eigentumsstruktur
  • Kollektiv, hierarchiefrei, solidarisch
  • Kooperationen
  • Gemeinnützigkeit anstatt Fokus auf die individuelle Nutzenmaximierung
  • Verändertes oder sogar degressives Wirtschaftswachstum
  • Ersatz von Geld als Bewertungsmittel (Materialismus wird überwunden)
  • Beteiligung der Gesellschaft bei politischen Entscheidungsprozessen
  • Staatliche Interventionen: Neuorientierung des Governance-Systems

Beispiele alternative Wirtschaftsformen

Es gibt bereits verschiedene Konzepte, die man als alternative Wirtschaftsformen bezeichnen kann. Einige alternative Wirtschaftsformen vertreten die Ansicht, dass die Marktwirtschaft vorerst erhalten bleiben soll. Jedoch mit gewissen Regulierungsmaßnahmen und einer neuen Priorisierung der Ziele und Werte. Andere alternative Wirtschaftsformen hingegen lehnen die Marktwirtschaft generell ab. Sie sehen eine komplett andere Wirtschaftsweise als zielführend.

Im Folgenden stellen wir drei alternative Wirtschaftsformen vor: die Donut-Ökonomie, die Gemeinwohlökonomie und Degrowth. Diese Übersicht ist nur ein Ausschnitt der existierenden alternativen Wirtschaftssysteme. Weitere Beispiele sind: lokale Ökonomie, sozialer Kapitalismus, solidarische Ökonomie, …

Donut-Ökonomie (Kate Raworth):

Die Donut-Ökonomie von Kate Raworth hat sich als Ziel gesetzt, die zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu bewältigen. Im Fokus dabei steht, dass die Erde von der Wirtschaft nicht überstrapaziert wird. Gleichzeitig soll allen Menschen eine wesentliche Lebensgrundlage zur Verfügung stehen. Es geht um eine Vereinigung der sozialen Grundrechte, von ökologischen Belangen sowie Kapitalismus. Wachstum ist nicht das vorrangige Ziel, wird jedoch nicht kategorisch ausgeschlossen. Allerdings wird auf einen geringeren Gesamtressourcenbedarf und auf eine neue ökonomische Priorisierung gesetzt. Dadurch soll eine Balance zwischen den drei Grundpfeilern (ökonomisches, ökologisches, soziales) geschaffen werden.

Wieso “Donut”?

Kate Raworth hat ihr Konzept grafisch dargestellt. Die Form eines Donuts gibt den Rahmen an, indem ökonomisches Handeln der Menschen sicher stattfinden kann. Es entspricht der idealen Situation mit einer funktionstüchtigen Umwelt und einem guten Leben für alle. Der äußere Kreis ist der ökologische Rahmen und stellt die endlichen Ressourcen des Planeten dar. Der innere Kreis bildet das gesellschaftliche Fundament und spiegelt die (sozialen) Grundbedürfnisse der Menschen wider. Das Donut-Loch im inneren zeigt die sozialen Herausforderungen auf. Darunter fallen soziale Ungerechtigkeit, Hunger, Armut oder Kriege. Bei einer gerechten Wirtschaft soll darauf geachtet werden, dass niemand in dieses Loch der sozialen Herausforderungen fällt und der ökologische Rahmen nicht überschritten wird. Mit den definierten Grenzen wird also nicht nur soziale Ungleichheit, sondern auch der Klimawandel thematisiert.

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Gemeinwohl-Ökonomie

Was ist die Gemeinwohl-Ökonomie?

Die Gemeinwohlökonomie ist ein ethisches Wirtschaftsmodell initiiert von Christian Felber, welches sich das Wohl der Menschen und der Umwelt als oberstes Ziel gesetzt hat. Konkurrenz und Gewinnmaximierung werden von gemeinwohlfördernden Werten abgelöst. Nach den Werten Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, Ökologische Nachhaltigkeit sowie Transparenz und Mitentscheidung wird (ökonomisch) gehandelt. Die Gemeinwohlökonomie kann als alternatives Wirtschaftssystem zur kapitalistischen Marktwirtschaft betrachtet werden. Eigenschaften der kapitalistischen Marktwirtschaft wie Gewinnstreben, materieller Wohlstand, Machtkonzentration, Wirtschaftswachstum, Konkurrenz und das BIP unterscheiden sich zu jenen der ethischen Marktwirtschaft. Der Fokus wird hierbei auf Gemeinwohlstreben, Werte, Vertrauen, Suffizienz, Kooperation, Geld als Mittel zum Zweck, kein Wachstumszwang und auf die GWÖ-Bilanz gelegt.

Was ist das Ziel der Gemeinwohl-Ökonomie?

Die Gemeinwohlökonomie richtet sich vor allem an das wirtschaftliche Handeln von diversen Organisationen. Mit der Erstellung eines Gemeinwohl-Berichts werden die unternehmerischen Tätigkeiten mit den Werten der GWÖ in Verbindung gesetzt. Die Grundlage dafür stellt die Gemeinwohl-Matrix da. In den Spalten werden die bereits vorhin genannten Werte angeführt, welche für das Gelingen von Beziehungen gebraucht werden sowie ein gutes Leben fördern. Die Zeilen beinhalten Berührungsgruppen, mit welchen Unternehmen im Regelfall Kontakt haben. Dadurch entstehen 20 Schnittpunkte, die Gemeinwohl-Themen, welche die Wirkung des wirtschaftlichen Handelns auf das Gemeinwohl sichtbar machen.

Was ist die Gemeinwohl-Bilanz?

Die Gemeinwohl-Bilanz übersetzt gesellschaftlichen Wertvorstellung in messbare Kriterien. Aufgrund dessen werden die Tätigkeiten mit Punkten bewertet. Punkte werden vergeben, wenn die wirtschaftliche Tätigkeit einen Beitrag zum Gemeinwohl leistet. Es können zwischen -3.600 bis 1.000 GWÖ-Punkte erreicht werden. Der Anreiz dabei soll sein, dass Organisationen mit höheren Punktezahlen mit gewissen Vorteilen wie günstigere Kredite oder Steuervorteilen belohnt werden. Obwohl bereits ein Konzept erarbeitet wurde, ist der Prozess der Gestaltung der GWÖ nicht abgeschlossen. Die Matrix wird angepasst und allgemein ist das Prinzip dieser Bewegung, dass es sich um ein partizipatives und ergebnisoffenes Wirtschaftssystem handelt.

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Postwachstumsökonomie = Degrowth

Was ist unter Degrowth zu verstehen?

Unter Degrowth, oder auch Postwachstumsökonomie genannt, versteht man eine Wirtschaftsform und Gesellschaftsform, die sich auf eine ökologisch nachhaltige und sozial gerechte Wirtschaftsweise fokussiert, indem sich die Wirtschaft vom Wachstumszwang abwendet. Unter Berücksichtigung, dass Ressourcen begrenzt sind und die Erde eine begrenzte Belastbarkeitsgrenze hat, ist bei der Wirtschaftsform Degrowth ein Wachstumsrückgang unausweichlich, um einen Kollaps zu verhindern. Wirtschaftswachstum wird als Grund für vorherrschenden Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wie soziale Ungleichheit und Umweltprobleme gesehen und nicht als Lösung. Das Konzept kritisiert neoliberale ökonomische Theorie und Praxis und auch nachhaltige Entwicklung, da auch „grünes“, „nachhaltiges“, „dematerialisierten“ Wachstum zu einer Weiterführung des momentan vorherrschenden Systems nämlich immer weiterwachsen führt und genau das vermieden werden möchte.

Was ist das Ziel von Degrowth?

Degrowth möchte einen Schritt zurückgeben, weg vom Konsumzwang und Stress, hin zu mehr Zeit, mehr Wohlbefinden und einer intakten Umwelt. Der verringerte Konsum hat aber nicht automatisch mit weniger Lebensqualität zu tun, sondern soll aufgrund der oben genannten Punkte zu mehr Wohlbefinden führen. Das geht jedoch nur mit radikalen Änderungen in Bereichen des täglichen Lebens einher sowie einer Veränderung der Einstellungen, da Geld und Arbeit ein anderer Stellenwert zugeschrieben werden würde. Es geht um eine Relokalisierung der Wirtschaft.

Wie soll Degrowth umgesetzt werden?

Die Umsetzung würde mehrere Bereiche beinhalten. Bei der Entrümpelung und Entschleunigung geht es darum, dass weniger Nachfrage zu weniger Produktion führt. Suffzienzstrategien können hierbei angewandt werden. Es geht darum, nicht nur Produkte zu kaufen, sondern mittels Selbstversorgung Produkte wieder selbst zu produzieren – beispielsweise Gemüse anbauen oder Putzmittel selbst anzufertigen. Ist die eigene Produktion der benötigten Produkte nicht möglich, soll auf Regionalökonomie gesetzt werden. Die heimische Landwirtschaft wird unterstütz und gleichzeitig werden Transportwege verringert. Zuletzt geht es darum, so wenig wie möglich an neuen Rohstoffen zu verwenden. Deshalb spielt Wiederverwendung, Recycling und Reparatur eine wichtige Rolle. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es zu institutionellen Innovationen kommt, sprich eine Erneuerung des (inter-)nationalen Governance-Systems. Wohlstand wird nicht mehr mit dem BIP, sondern alternativen Indikatoren wie CO2-Bilanz oder dem Bruttonationalglück gemessen.

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Warum wird das Fordern nach alternativen Wirtschaftsformen immer lauter?

Da die Folgen des gegenwärtigen Wirtschaftssystems umfangreiche Herausforderungen sind. Soziale Herausforderungen wie Ungleichheiten in und zwischen Ländern, Armut, Hunger, Rücksichtslosigkeit und ökologische Missstände wie Ressourcenverschwendung, Wachstumszwang, Umweltverschmutzung, Klimawandel uvm. gehen als Ergebnisse des ökonomischen Handelns einher. Alternativen Wirtschaftsformen greifen diese Missstände auf und wollen das System so reformieren, dass diese bewältigt werden. Jede Form setzt ihren Fokus anderes bzw. benötigt verschiedene Maßnahmen zur Zielerreichung. Was jedoch alle alternativen Wirtschaftsformen gemeinsam haben ist, dass ein Umdenken in der Gesellschaft notwendig ist. Neue Rahmenbedingungen und strukturelle Veränderungen sind Voraussetzung dafür. Genauso wie jede alternative Wirtschaftsform ihre Vorteile hat, gibt es bei jeder Alternative auch gewisse Grenzen, was aus momentaner Sicht eine aktuelle Umsetzung nicht möglich macht.